Der langjäghrige DMVÖ Präsident und Ehrenpräsident des DMVÖ im Interview zu 5 Jahren DSGVO

Anton Jenzer im Interview

 

1.) Was waren vor 5 Jahren Ihre Gedanken, als die DSGVO in Kraft getreten und inwieweit haben sich Ihre Prognosen (nicht ) bewahrheitet?

Obwohl der Zeitpunkt der Einführung längst bekannt war, hat das Inkrafttreten der DSGVO bei vielen Unternehmen angesichts des drohenden Strafrahmen in Höhe von  bis zu 20 Mio Euro bzw. bis 4 % der (Konzern-) Jahresumsatzes regelrecht Panik ausgelöst und zu einer Art von Schockstarre geführt. Als Folge davon gab es eine massive Reduktion der personalisierten Marketing-, Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen. Rückblickend lag es hauptsächlich daran, dass es durch die DSGVO jetzt zwar einen generellen Rechtsrahmen gab, aber die konkrete Handhabung in der Praxis für viele unklar war.

2.) Wie würden Sie die Auswirkungen der DSGVO auf den Datenschutz in Europa in den letzten fünf Jahren bewerten?

Datenschutz wurde auf einmal sehr ernst genommen. Jedes Business-Modell und jeder Geschäftsprozess mussten auf DSGVO-Konformität überprüft werden. Auftragsverarbeitungsregister (AVV) wurden angelegt. Datenschutz-Vereinbarungen mit Kunden, Partnern und Lieferanten wurden aktualisiert oder – was bei nicht wenigen der Fall war – überhaupt zum ersten Mal schriftlich festgehalten, Einwilligungen der Newsletter- Empfänger wurden auf Rechtskonformität überprüft und mühsam zuvor aufgebaute Newsletter- Verteilerlisten wurden gelöscht. Kurzum: die DSGVO hat in vielen Bereichen grundlegende Veränderungen hervorgerufen

3.) Wie hat sich die DSGVO auf die Praxis der Datenverarbeitung und den Schutz personenbezogener Daten ausgewirkt?

Bei allem Aufwand und aller Komplexität letztlich positiv.

4.) Wie hat sich die DSGVO auf das Vertrauen der Verbraucher in den Umgang mit ihren Daten durch Unternehmen und Organisationen ausgewirkt?

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind einerseits kritischer, misstrauischer  geworden und fordern Transparenz darüber, welche Daten von ihnen gespeichert und verwendet werden, anderseits tut das der Selbstentblößung  ihrer Privatsphäre in sozialen Medien keinen Abbruch. Ein Paradoxon, das unverändert festzustellen ist.

5.) Welche Auswirkungen wird die DSGVO in Zukunft haben, insbesondere im Hinblick auf die sich entwickelnden Technologien und die zunehmende Globalisierung der Datenverarbeitung?

Business-Modelle und jede Innovationen müssen zukünftig nicht nur auf das potenzielle Marktpotenzial und den zu erwartenden ROI, sondern auch nach Datenschutzgesichtspunkten bewertet werden.

6.) Welche Schritte sollten Unternehmen und Organisationen unternehmen, um sicherzustellen, dass sie auch in Zukunft den Anforderungen der DSGVO gerecht werden?

Ein laufendes Monitoring des Data-Management ist Pflicht. Unternehmen, die gegenüber ihren Kunden und Interessenten einen transparenten Umgang mit deren Daten pflegen, erhöhen ihre Marktchancen. Data Compliance wird zukünftig ein noch wichtigerer Wettbewerbsfaktor und Wachstumstrieber. Data Compliance ist nicht mehr nice to have, sondern must to have

 

Anton Jenzer ist Bürgermeister der Gemeinde Gaaden bei Mödling. Zuvor war er viele Jahre in verschiedenen Vorstands- und Geschäftsführerfunktionen in der Marketing- und Kommunikationsbranche tätig. Er gilt als renommierter Experte für Dialog Marketing, Marketingdaten und Datenschutz. Als langjähriger Präsident des Dialog Marketing Verbands Österreich (DMVÖ) und Vorstandsmitglied des europäischen Dialog-Marketing Dachverbandes (FEDMA) hat er die Entwicklungen und Veränderungen rund um das Thema DSGVO hautnah miterlebt und – als Novum innerhalb der EU- die von der österreichischen Datenschutzbehörde genehmigten „Codes of Conduct für Dialog Marketing“ initiiert und mitgestaltet.

Als Interviewpartner bei der Interviewserie des DMVÖ wird Anton Jenzer seine umfassenden Erfahrungen und sein Fachwissen in Bezug auf die DSGVO einbringen.